Die schlichte Schönheit des Yoga

Zwei Hände voll Frangipani10 Minuten Yoga – drei davon Sitzmeditation, weitere drei Savasana – bekommst du da ein Leuchten in den Augen oder Gänsehaut? Lange hätte ich mir nach so einer Runde gesagt: „Verschwendete Zeit! Wo bleibt die Bewegung, das Feuer, die Zeit, um runterzukommen und mich dann zu fordern? Für 10 Minuten muss ich doch gar nicht erst anfangen.“ Und dann wurde ich schwanger.

Die wichtigsten Lehren lernt man im Leben oft erst durch Hindernisse und Einschränkungen. Ich spreche von: bleierner Müdigkeit, die mich auf dem Sofa hält und das Denken lähmt. Einem Kugelbauch, der Schuhe binden unmöglich macht – der Boden ist einfach zu weit weg. Kurzatmigkeit, ab und an unterbrochen durch einen ordentlichen Tritt in die Rippen. Von innen. Danke, mein Kind, so bewegt sich wenigstens einer von uns!

 

„90% des Nutzens deiner Yogapraxis entstehen aus den einfachsten 10% deiner Praxis.“

T. Krishnamacharya

 

Immerhin habe ich in dieser Zeit noch Yoga unterrichtet, sonst hätte ich wahrscheinlich kaum die Motivation gefunden, mich immer wieder und trotz alledem auf der Matte einzufinden. Und dort passierte dann das Wunder: drei Minuten sitzen, ein bisschen Schultern rollen, strecken, drehen – fantastisch! Ich hatte vollkommen vergessen, wie gut diese einfachsten aller Übungen tun. Plötzlich durchströmte mich eine Woge der Dankbarkeit. Für meinen Körper. Für die Stille im Geist, die Wärme im Herz. Und dafür, dass ich nicht noch 90 Minuten und einen Handstand vor mir hatte.

Jetzt mit Kleinkind sieht es oft nicht anders aus. Woher ungestörte 90 Minuten nehmen, wenn der Kleine bitte-SOOO-fort Seifenblasen machen möchte? Und vor allem: warum? Wir alle lieben Seifenblasen, oder? Und da kommt mir dieser völlig einleuchtende Vergleich in den Sinn, den mein Lieblingslehrer Jason Crandell mal gezogen hat: wenn du die Wahl hättest, zwei Mal im Jahr zur Zahnreinigung zu gehen ODER täglich zwei Minuten Zähne zu putzen – wie, glaubst du, würdest du dich entscheiden?

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